Mit Florian Lippert, Uni Groningen, Piotr Kocyba, EFBI Leipzig und Anna Barth, Projekt Mothek
Die Europawahlen und die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen haben bestätigt, dass die Spaltung zwischen Ost und West in Deutschland fortbesteht und sich in den letzten Jahren sogar noch vertieft hat. Zwei gegen das Establishment gerichtete politische Kräfte, die Alternative für Deutschland (AfD) und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), haben in den östlichen Bundesländern insgesamt zwischen 40 und 45 % der Stimmen erhalten. Der Aufstieg dieser Parteien hängt mit grundlegenden Aspekten der Identität, Weltanschauungen und Werte zusammen und gründet sich auf eine Reihe von spezifischen Missständen, Ängsten und Ressentiments. Diese wiederum haben soziale, wirtschaftliche und kulturelle Wurzeln in der Region, von denen einige sogar bis in die Zeit vor dem Kommunismus und dem Nationalsozialismus zurückreichen. Die kulturellen Dimensionen der politischen Entwicklungen in Ostdeutschland erfordern mehr Aufmerksamkeit als diesem Thema bisher gewidmet wurde. Zugleich ist der Osten Deutschlands kein Einzelfall, und ähnliche Entwicklungen sind in ganz Europa zu beobachten.
Um die Wurzeln der deutschen Ost-West-Differenzen in Bezug auf Kultur – einschließlich Kunst, Kino und Literatur – in einem breiteren europäischen Kontext zu diskutieren, laden das Kolleg für Osteuropa (KEW) und die Stiftung Friedliche Revolution (SFR) zu einer öffentlichen Debatte ein. Die Veranstaltung findet im Rahmen der Revolutionale – Festival für Veränderung – statt, nur einen Monat nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen und weniger als zwei Wochen nach der Wahl in Brandenburg.
In deutscher Sprache mit englischer Übersetzung
Eine Kooperationsveranstaltung mit dem College of Eastern Europe/ Kolegium Europy Wschodniej (KEW) im Rahmen des von der Europäischen Kommission kofinanzierten Projekts »Protecting European Values«
Florian Lippert
Associate Professor Dr. Florian Lippert lehrt Europäische Kultur und Literatur und ist Direktor des Forschungszentrums für das Studium demokratischer Kulturen und Politik (DemCP) an der Rijksuniversiteit Groningen, Niederlande. Er forscht zu alltäglichen und politischen Konzepten von „Kultur“, der Rolle von Kultur für Fragen europäischer Einheit und kulturellen Aspekten der europäischen „Flüchtlingskrise“ sowie zu zeitgenössischer Literatur und Film. Derzeit arbeitet der unter anderem an einer Studie zu Vorstellungen von „europäischer Kultur“ in verschiedenen Kontexten – von der Europäischen Kommission bis zum Rechtspopulismus.
Piotr Kocyba
Piotr Kocyba ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Else-Frenkel-Brunswik-Institut für Demokratieforschung in Sachsen (EFBI) an der Universität Leipzig und affiliiert mit dem Institut für Philosophie und Soziologie der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Untersuchung von Zivilgesellschaft, sozialen Bewegungen und Demonstrationen mit besonderem Fokus auf Ostdeutschland und Osteuropa. Insbesondere seit dem Aufkommen von Pegida beschäftigt sich Kocyba mit der Analyse rechter Protestmobilisierungen und der Untersuchung der normativen Implikationen, die sich aus der Selbstorganisation gesellschaftlicher Akteure ergeben, die die Freiheiten der liberalen Demokratie nutzen, um diese abzulehnen. In seiner Forschung hinterfragt er kritisch, wie diese Akteure ihre Vorstellungen von gesellschaftlicher Ordnung formulieren und wie sie diese in die öffentliche Debatte einbringen. Er ist Mitglied des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung und geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Johann Gottfried Herder-Forschungsrates.
Anna Barth
Anna Barth ist Initiatorin und treibende Kraft hinter der Mothek in Schloßkulm (Thüringen). Über die Mothek schreibt sie: „MOTHEK erscheint als fahrende Bibliothek und Ausstellung. Sie kann nichts, muss nichts, darf nichts, will nichts. Aber sie ist. Und lädt uns ein, öffentliche Plätze zu verwandeln und miteinander in Austausch zu kommen.“ Zu wechselnden Themen werden hier Bücher, Filme, Hörwerke, Kunst-und Kulturgegenstände aus der Region und darüber hinaus angeboten. Die Mothek begleitet ein vielfältiges Kulturangebot. www.mothek.de
Moderation: Stephan Stach (Geschäftsführer der Robert-Havemann-Gesellschaft)